3
So schwer ist sein Schritt, wütende Fratze
Süß sein Gestank, erhoben die Tatze
Er bellt seine Regeln, Kasernenton
Gleich legt er los, du kennst das doch schon
Sein Gesicht so nah, es bringt dir den Schmerz
Vergrabe dich tief und schütze dein Herz
Er spürt sich grad nicht und nimmt dich nicht wahr
Das Beste wär', du wärst gar nicht da
13
Er liebt seine Frau, da kennt er sich aus
Bringt immer genügend Kohle ins Haus
Dafür will er Ruhe, abends sein Bier
Dein Glück ist, du bist nur selten hier
Tue nichts Gutes, macht er dir zum Ziel
Sprich nicht vom Innen, ein Wort schon zu viel
Wer hilft, wird betrogen, Opfer, wer fragt
Vertrau' nur dir, ist was er dir sagt
23
Weit musst du weg, so weit, wie es nur geht
Hoffe und bete, es ist nicht zu spät
Nichts fürchtest du mehr, als wie er zu sein
Die Welt zu groß und das Herz zu klein
Du bist nicht wie er, das soll'n alle seh'n
Kämpfen und fühlen, du weißt es wird geh'n
Reißt aus dir für Andere Arm und Bein
Das Herz zu groß und die Welt zu klein
33
Deine Mutter erwacht im Krankenhaus
Und überall kommen so Schläuche raus
So weich war er nie, wie an jenem Tag
Verstehst endlich, warum sie ihn mag
Nur gut zehn Minuten wäret das Glück
Schon zieht er sich wieder in sich zurück
Die Mutter halbtot, du merkst's ihm nicht an
Er über's Fühlen nicht reden kann
43
Endlich in Rente das Leben geht los
Er zeigt, was er hat, das Auto soo groß
Jahrzehnte geschuftet, jetzt folgt der Lohn
Kein Jahr danach tot, der blanke Hohn
Du bleibst zurück, wieder Sohn, wieder klein
Der Plan war doch anders, muss das jetzt sein
Du sollst vergeben, weil er's nicht mehr kann
Doch wie fängst du das Verzeihen an?
Hinweis:
Dieses Gedicht ist ein persönlicher, subjektiver Blick auf meinen Vater – gefiltert durch meine Erfahrungen, Gefühle und Erinnerungen. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Gerechtigkeit gegenüber seinem Leben oder Wesen. Andere mögen ihn anders erlebt haben. Dies ist meine Geschichte – nicht seine ganze.